Der Rundum-Blick, oder 360°-Blick, ist eine von 17 Strategien, die Anja Förster und Peter Kreuz in ihrem Buch Different Thinking als Erfolgsstrategie von Unternehmen identifiziert haben. Es geht dabei nicht darum, zu schauen, was die Konkurrenz macht und das dann möglichst gut zu nachzuahmen. Vielmehr geht es darum, dass du dir anschaust, was in anderen, vollkommen fremden Branchen gut funktioniert. Du lässt dich inspirieren und holst dir Ideen.
Ich wollte z.B. in der Zeit, als ich Marketingleiterin der Hotels des VdK-Bayern war, eine Gäste-werben-Gäste-Aktion machen, aber ich fand diese herkömmlichen Gäste-werben-Gäste-Aktionen total plump und nicht nachahmenswert. Stattdessen hat mir eine Aktion der Zeitschrift Brandeins gefallen. Einmal im Jahr hat Brandeins den Abonnenten zwei Ausgaben ihrer Zeitschrift geschickt: eine zum Selbstlesen und eine zum Verschenken an Freunde/Bekannte. Ein cleverer Schachzug, da sie davon ausgehen konnten, dass die Abonnenten die Zeitschrift nur Jemandem schenken, der eine ähnliche Denke hat, der ähnlich tickt und somit als potenzieller neuer Abonnent in Frage kommt. Bei mir hat es funktioniert, da ich seitdem begeisterte Leserin der Brandeins bin.
Und so haben wir damals ein Mailing an unsere Stammgäste verschickt, in dem wir uns bei ihnen für ihre Treue mit einem Gutschein für 2 Personen für 1 Übernachtung bedankt haben. Gleichzeitig erhielten sie einen Gutschein für ihre Freunde, damit sie gemeinsam mit ihnen Urlaub machen konnten. Wir sind davon ausgegangen, dass sie den Gutschein nur Freunden geben, die ähnlich denken. Der Erfolg der Aktion hat uns Recht gegeben: 16% der Stammgäste haben als Multiplikatoren fungiert und den Gutschein weitergeschenkt, das Plus durch den zusätzlich generierten Umsatz hat die Kosten für das Mailing um ein Vielfaches übertroffen.
Unser Marketingbudget beim VdK-Erholungswerk als gGmbH war recht gering, so dass es für uns schwierig war, bei Fotoaufnahmen professionelle Modells zu engagieren. Bei 6 verschiedenen Hotels mit unterschiedlichen Schwerpunkten in unterschiedlichen Gegenden Bayerns war der Bedarf an Fotomaterial sehr groß. Deshalb entschieden wir uns – analog zu Germany’s next Topmodel – einen Fotomodelwettbewerb auszurufen. Wir suchten die “Gesichter des Lebens” (Generation ab 50) und hatten mit Bayern1, der Messe “Die 66”, der Agentur “5 und 50”, der Deutschen Bahn und der VdK-Zeitung eine tolle Plattform. Trotz kurzen Vorlaufs hatten wir über 2.800 Bewerbungen. Und mit den 20 Finalist:innen entstanden Fotos, die man mit einem professionellen Casting und “bezahlten” Modellen kaum besser hätte realisieren können.
Dieser Blick auf vollkommen andere Branchen bietet sich also nicht nur als grundsätzliche Unternehmensstrategie an, sondern auch bei einzelnen Aktionen. Was inspiriert dich in anderen Branchen, was du vielleicht auf dich adaptieren kannst?